Verdi,
Rigoletto, 2013, Klassi Festival Schloss Kirchstetten, Weinviertel, Österreich
Ein
Abend beim KlassikFestival Kirchstetten
„literarische
Kritik“ von Alexandra Zumoberhaus
Man
kann sehr unterschiedliche Zugänge zu den diversen Sommer-Festivals
haben.
Mein Opernabend (Verdi´s „Rigoletto“ im Schloss Kirchstetten) beginnt mit der Auto-Anreise von Wien und ich geniesse bei schönem und mildem Sommerwetter die herrliche Landschaft des Weinviertels. In Kirchstetten angekommen lohnt es sich, den „Schloss-Heurigen“ zu besuchen, denn das Preis-Leistungsverhältnis lässt wirklich nicht zu wünschen übrig; unsere Gläser sind gefüllt, die Teller versprechen optisch so viel, wie sich dann auch der Gaumen erfreuen lässt: kurz, es ist ein genüsslicher Auftakt zu einer Opernaufführung.
Mein Opernabend (Verdi´s „Rigoletto“ im Schloss Kirchstetten) beginnt mit der Auto-Anreise von Wien und ich geniesse bei schönem und mildem Sommerwetter die herrliche Landschaft des Weinviertels. In Kirchstetten angekommen lohnt es sich, den „Schloss-Heurigen“ zu besuchen, denn das Preis-Leistungsverhältnis lässt wirklich nicht zu wünschen übrig; unsere Gläser sind gefüllt, die Teller versprechen optisch so viel, wie sich dann auch der Gaumen erfreuen lässt: kurz, es ist ein genüsslicher Auftakt zu einer Opernaufführung.
Was
erwartet mich? Als Operntraditionalistin habe ich mich gut informiert und weiss,
dass „Oper im Taschenformat“ mir keine opulent-historischen Bühnenbilder und
Kostüme bescheren wird! Was erwartet mich also wirklich im Maulpertschsaal, der
nur eine 20 qm grosse „Bühne“(in diesem Fall ein Podest, ein minimal reduziertes
Orchester und Platz für nicht einmal 200 Zuschauer (und –hörer, hoffentlich!)
bietet?
Darauf lasse ich mich mit Spannung und grosser Vorfreude ein.
Und meine Vorfreude wird auch nicht enttäuscht!
Darauf lasse ich mich mit Spannung und grosser Vorfreude ein.
Und meine Vorfreude wird auch nicht enttäuscht!
Zuerst
aber darf ich aus erster Hand erfahren, dass die Sängerin und Darstellerin der
„Gilda“ erkrankt ist, dass aber auch Ersatz gefunden wurde mit einer 26jährigen
ungarischen Sopranistin. Die „Ur-Gilda“ werde spielen, der Ersatz werde
singen.
Na, da bin ich aber gespannt….
Na, da bin ich aber gespannt….
Eine
wirklich grosse Leistung scheint mir die Arbeit des Dirigenten, Hooman
Kahlatbari ,der die Partitur Verdi´s auf ein wirklich superkleines Orchester
zusammen“stutzte“. Ein Orchester, das trotzdem den Klang der Verdi´schen Oper
widergeben kann. Einzig die Verwendung des Pianos ist mir schleierhaft und halte
ich für überflüssig.
Dass
ich in ein Drama hineingesogen werde wird gleich schon zu Beginn klar, denn
schwarzer Tüll – Trauerflor- und Kerzenlicht geleiten mich die Stufen hinauf in
den Maulpertschsaal. Die Stimmung, die beim Eingang herrscht, ist ein Willkommen
in der Gesellschaft des „Duca di Mantova“, denn einige Höflinge lungern herum,
einigen Damen wird ein rotes Band um den Arm gelegt: Mitgliedszeichen dieser
verkommen-oberflächlichen Gesellschaft, die nur den Genuss im Sinne hat.
Die
kleine Bühne ist spartanisch hergerichtet: schwarzer Tüll beherrscht die Szene,
die Höflinge erwarten uns in vorwiegendem Grau – so viel Lebensfreude, wie die
Musik uns suggeriert – ist da nicht vorhanden: die Tragödie beginnt schon ganz
am Anfang und zieht mich auch gleich in den Bann. Rechte Freude will nicht
aufkommen: die Hofgesellschaft erscheint oberflächlich und gemein – ein toller
Regieeinfall!
Schon
ab den ersten Takten der Musik – in der ersten Szene, wo es erhebliche
Taktschwierigkeiten zwischen Orchester und Sänger gibt (und ich zolle der
Schwierigkeit des injdirekten Sichtkontaktes zwischen Dirigent und Sängern
höchste Vollachtung) - bin ich mitten in der Handlung, lässt doch der Regisseur,
Csaba Nemedi, den ganzen Raum bespielen. Der Herzog küsst Damen im Publikum die
Hand, die Protagonisten erscheinen und verschwinden durch die Türen links und
rechts des Saales: eine wirklich gelungene Art, mich gleich ins Geschehen
hineinzuziehen.
Ein
erster Höhepunkt ist das Auftreten Monterones, ein zumindest optisch extrem
junger Bass, Gelu Dobrea, der mit Stentorstimme die Ehre seiner Tochter
reklamiert und Rigoletto, der sein körperliches Handicap in dieser Inszenierung
per Krücke und Hinken darstellt, verflucht. Als „Signor Maledizione“ wird der
Bass denn auch vorgestellt und zieht sich durch die Doppelrolle Monterones und
des Auftragsmörders Sparafucile unheilvoll durch den ganzen Abend.
Gleich
in dieser ersten Szene am Hof des Duca, zeigt sich, was für mich den ganzen
Abend eines der Highlights sein sollte: ein Mini-Chor, der stimmlich und durch
tolle Personenregie ganz stark zum für mich gelungenen Abend beiträgt! Ein
grosses Lob an den Chorleiter: hier war die Musik auf den Punkt, die Diktion
eine exzellente, die Personen-/Gruppenregie besonders gelungen!
Das
erste Auftreten von Gilda wird durch die Ankündigung, dass sie krankheitshalber
nur spielen könne, mit Spannung erwartet. Maria Taytakova, die optisch schlank
und blond der Gilda wirklich schön entspricht, spielt mit so viel berührender
Intensität, dass es einem im Herzen weh tut, sie nicht singen zu hören. Wie sie,
blind vor Liebe sich über die Bühne tastet: auch dies eine sehr berührende Idee
des Regisseurs.
Es
sind dies genau die kleinen Gesten und „kleinen“ Einfälle des Regisseurs, Csaba
Nemedi, die die Aufführug kostbar machen: das „All-inklusive-Band“, das zum
vollwertigen Mitglied der Gesellschaft des Duca macht (und das sich Gilda zu
gegebener Zeit auch vom Arme reisst!), die gelangweilte Hofgesellschaft (während
des Herzog´s stretta – na gut, er nimmt sich halt wieder mal eine Frau; was geht
es uns an?), das Zusammenziehen Monterones und Sparafuciles auf einen Signor
MALEDIZIONE, die Darstellung einer Signora Destino – Gräfin Ceprano, Page und
die Dienerin (aber doch Kupplerin) Giovanna – das macht das Drama doch sehr
lebendig! Grosses Lob gebührt der Personenregie beim kleinen Chor der Höflinge:
für mich waren dies die packendsten Szenen.
„Rigoletto“ als sehr persönliche und intime Tragödie darzustellen ist nachvollziehbar und falls der Regisseur diese Absicht hatte, ist sie bei mir auf fruchtbaren Boden gefallen!
„Rigoletto“ als sehr persönliche und intime Tragödie darzustellen ist nachvollziehbar und falls der Regisseur diese Absicht hatte, ist sie bei mir auf fruchtbaren Boden gefallen!
Zum
Musikalischen:
gleich in der ersten Szene gab es einige Schwierigkeiten, was die Tempi betraf – doch legte sich das sehr schnell wieder und ich führe es auf die schwierige Situation zurück, dass der Dirigent mit dem Rücken zu den Sängern stand. Noch einmal: ein grosses Lob für den Dirigenten, dem es gelungen ist, die Partitur auf ein Mini-Orchester zusammenzustutzen, ohne dass uns Verdi verloren ging! Bravo! Wie gesagt, ist meiner Meinung nach das Piano überflüssig- manchmal war es für mich störend.
gleich in der ersten Szene gab es einige Schwierigkeiten, was die Tempi betraf – doch legte sich das sehr schnell wieder und ich führe es auf die schwierige Situation zurück, dass der Dirigent mit dem Rücken zu den Sängern stand. Noch einmal: ein grosses Lob für den Dirigenten, dem es gelungen ist, die Partitur auf ein Mini-Orchester zusammenzustutzen, ohne dass uns Verdi verloren ging! Bravo! Wie gesagt, ist meiner Meinung nach das Piano überflüssig- manchmal war es für mich störend.
Hooman
Khalatbari hatte sein Orchester in festem Griff – sein funkelndes Auge nach
einem bösen Streicher-Patzer sprach Bände, hatte aber durchaus Charme. Es war
ein Dirigat, das die Sänger unterstützte: eine seltene Angelegenheit
heutzutage!! Dies möchte ich doch sehr wohl erwähnen!
Nicht
genug Lob kann ich für den Chor aussprechen: nicht nur, dass die Chorszenen die
packendsten waren (dies ist wohl eher Verdienst des sensiblen Regisseurs Csaba
Nemedi), hier war Textverständlichkeit einfach gross geschrieben. Grosses Lob
deswegen auch an den Chorleiter!
Mit
der Verpflichtung des Baritons Jan Durco hat die Festspielleitung einen Sänger
gewonnen, der zwar zwischendurch an die Grenzen gestossen ist (nicht positiv
bewerte ich das Singen einiger Phrasen als Vokalisen) ,der aber in seiner
Darstellung als verfluchter und liebender Vater von Szene zu Szene wächst und
glaubwürdig uns jenen Schmerz vermittelt, der in der Schluss-Szene seinen
tragischen Höhepunkt findet. Besonders packend war die Szene mit den Höflingen
(„Cortiggiani, vil razza dannata“).
Eine
kleine Enttäuschung war für mich der Herzog, Gergely Boncer, der zwar vermutlich
über ein adäquates Material verfügt, aber seine Rolle von A-Z durchgebrüllt hat.
So sehr ich bewundert habe, wie der Regisseur den Herzog in die Nebenrolle, die
er eigentlich ist, gesetzt hat, so sehr enttäuschte es mich, dass der Tenor jede
Arie, das Duett und das Quartett mit der selben vokalen Vehemenz von sich gab.
Keine Frage, Herr Boncer traf meist seine Töne – aber der Herzog hat ja doch
auch seine lyrischen, zärtlichen Töne (etwa als Verführer im Duett oder bei
„Parmi veder le lagrime“)- die waren leider nicht vorhanden. Was ich hingegen
lobend erwähnen möchte ist seine Bühnenpräsenz, denn als schlank-gutaussehender
Tenor war er als Duca zumindest optisch wohl für viele ein Genuss.
Highlight
des Abends waren für mich hingegen die Damen: ganz schön Jaroslava Pepper als
sehr schlanke Maddalena, die dem berühmten Quartett zu schönem Ton verhalf und
einfach wirklich grandios die beiden Gildas. Dass es Olga Taytakova aufgrund
ihrer Krankheit versagt war zu singen, war sicherlich nicht angenehm. Sie hat
überaus berührend und sehr engagiert stumm gespielt und mich mehrere Male fast
zu Tränengerührt.
Highlight war für mich allerdings die 26jährige ungarische Sängerin der Gilda Zita Szemere! Sie sang die unglückliche Protagonistin für mich einfach ganz perfekt: ich hörte schon, dass Olga Taytakova die „dunklere“ und dramatischere Stimme habe; diese Gilda hat aber das Mädchen, dann auch die (trotzdem ihr Gewalt angetan wurde!) verliebte, ja, liebende Frau stimmlich grandios verkörpert. Dass die junge Sängerin die ganze Zeit vom Orchester aus SITZEND ihre Partie bewältigt hat (und ich weiss aus eigener Erfahrung, wie sich singen im Sitzen anfühlt) lässt mich ganz tief den Hut ziehen vor dieser Leistung. Irgendwie hat es diese junge Sängerin geschafft, dass „Rigoletto“ zu „Gilda“ wurde; für mich war dieses Drama der sich selbst opfernden liebenden Frau berührend genug, einen wunderbaren Abend zu erleben.
Highlight war für mich allerdings die 26jährige ungarische Sängerin der Gilda Zita Szemere! Sie sang die unglückliche Protagonistin für mich einfach ganz perfekt: ich hörte schon, dass Olga Taytakova die „dunklere“ und dramatischere Stimme habe; diese Gilda hat aber das Mädchen, dann auch die (trotzdem ihr Gewalt angetan wurde!) verliebte, ja, liebende Frau stimmlich grandios verkörpert. Dass die junge Sängerin die ganze Zeit vom Orchester aus SITZEND ihre Partie bewältigt hat (und ich weiss aus eigener Erfahrung, wie sich singen im Sitzen anfühlt) lässt mich ganz tief den Hut ziehen vor dieser Leistung. Irgendwie hat es diese junge Sängerin geschafft, dass „Rigoletto“ zu „Gilda“ wurde; für mich war dieses Drama der sich selbst opfernden liebenden Frau berührend genug, einen wunderbaren Abend zu erleben.
Fazit:
in diesem räumlich beschränkten Rahmen einen Rigoletto aufzuführen: dafür kann
ich nur dem Regieteam und der musikalischen Leitung ein Lob
aussprechen.
Kirchstetten lohnt sich! Ich freue mich sehr auf die Produktion des kommenden Jahres.
Kirchstetten lohnt sich! Ich freue mich sehr auf die Produktion des kommenden Jahres.
© Quelle: Mag. Alexandra Zumoberhaus / Hintermayer MUSIK