Sonntag, 1. Juli 2018

La Gioconda (DOB) am 28.6. - Weltkulturerbe auf der Opernbühne


Steuerliche Subventionen für Theater und Opernhäuser sind in Deutschland meistens Fehlinvestitionen, da sie verwendet werden, um vor leeren oder halbleeren Reihen öffentliche Therapiesitzungen für „Regisseure“ und „Intendanten“ zu finanzieren.

Für das meiste, was man als Opernalltag auch an der Deuschen Oper Berlin so erlebt, sollte also eher das Publikum bezahlt werden, wenn es seine Lebenszeit investiert, um mal wieder den üblichen Regietheater-Müll und unzureichenden Gesang zu durchleiden.

In all dieses Elend platzte am 28.6. eine wahre Explosion des Wahren, Guten und Schönen. Die überaus selten aufgeführte „La Gioconda“ von Amilare Ponchielli in der Inszenierung von Filippo Sanjust und den geradezu märchenhaften Bühnenbildern von Camillo Parravicini erschien wie eine Offenbarung, wie eine Zeitreise in eine Vergangenheit, die eigentlich keine sein sollte.

Das Gesamtkunstwerk, als das die Oper schon von Jacopo Peri konzipiert worden ist, wurde hier nun endlich einmal wieder packende Realität, und dies auf einem Niveau, welches durchaus auf den großen Bühnen der Welt seinesgleichen sucht.

Unter der musikalischen Leitung des erfahrenden Operndirigenten Pinchas Steinberg spielte das Orchester der Deuschen Oper Berlin mit berückender Italianità und begleitete das durchweg hervorragende Sängerensemble und den souveränen Opernchor auf höchstem musikalischen Niveau.

Die Chinesin Hui He in der Rolle der schönen Straßensängerin La Gioconda überzeugte stimmlich und darstellerisch auf ganzer Linie. Gerade im Duett mit Laura im 2. Akt konnte sie die Möglichkeiten ihres üppigen und klangschönen Soprans voll ausschöpfen, aber auch das berühmte Suicidio im 4. Akt gelang ihr immer noch vortrefflich. Der Gewissenskonflikt, in dem sich Gioconda durch ihre Liebe zu Enzo, aber auch durch ihre Dankbarkeit Laura gegenüber befindet, wurde von Hui He sehr anrührend dargeboten.

Der südkoreanische Tenor Alfred Kim in der Rolle des dalmatischen Seefahrers Enzo Grimaldo lieferte mit seinem kraftvoll-metallischem Tenor wie aus einem Guss dem Publikum endlich einmal eine angemessene Rollenbesetzung. Was selbstverständlich sein sollte, ist es heute sehr oft leider nicht, da gerade im Tenorbereich an den großen Bühnen der Welt Fehl-und Unterbesetzungen fast die Regel sind. Es mag ihm bisweilen am berühmten italienischen Schmelz fehlen, aber den haben viele der sogenannten „Stars“ erst recht nicht, bieten aber auch sonst nicht viel. Jubelnder Beifall belohnte völlig zu Recht seine großartige Leistung, insbesondere nach „Cielo e mar“.


Der in Tiflis geborene George Gagnidze in der Rolle des teuflischen Spitzels Barnabà trug durch seinen schwarzen, kraftvollen Bariton und sein realistisches Spiel ebenfalls zum Gelingen des Opernabends bei. Sein „O Monumento“ am Ende des 1. Akts offenbarte die gesamte Brutalität und Perfidie der Inquisition, die den Verrat als eine der niedrigsten menschlichen Handlungsweisen zur Tugend erhebt. Beeindruckend war Gagnidze auch im 4. Akt, wo er sich Gioconda als „Belohnung“ holen möchte, aber zuletzt nur noch ihren leblosen Körper in den Armen hält. Ob dies als Strafe für Barnabà angemessen ist, darüber könnte man diskutieren, aber man ist schon froh, dass diese abartige Kreuzung aus Jago, Scarpia und Incroyable zumindest am Ende nicht noch triumphiert.

Die italienische Mezzosopranistin Daniela Barcellona verkörperte die Rolle der unglücklichen Laura gerade im Duett mit Enzo und später mit Gioconda ganz hervorragend. Ihr möglicherweise etwas heller, aber dennoch warmer und volltönender Gesang bildete den perfekten Gegensatz zur „Tigerin“ La Gioconda, deren Hass sich in Dankbarkeit wandelt.

Als blinde Mutter Giocondas überzeugte die Rumänin Judit Kutasi mit ihrem pastosen Mezzosopran, dessen Wärme die durchweg positive Rolle absolut glaubhaft machte.


Alvise Badoero, der finstere Chef der Inquisition, der seine vermeintlich tote Frau stolz dem Festpublikum präsentiert, wurde von Nicolas Testé zwar stimmlich schön, aber etwas zu bieder dargeboten.

Ein besonderes Highlight war zudem noch der Auftritt des Staatsballetts, welches den berühmten Tanz der Stunden durch einen faszinierenden Pas de Trois mit Ensemble zu einem ganz eigenen Erlebnis machte.

Was für eine Aufführung! Keine Sekunde der Langeweile, dafür aber Faszination und Begeisterung pur. Ja, ihr albernen Regietheater-Fuzzis: Das kann Oper sein. Das ist etwas von bleibendem Wert, das immerhin seit 1974 besteht. Dazu werdet ihr euch mit eurem Unrat nie erheben können.

Also nehmt eure Waschmaschinen, eure Klos und euren sonstigen Sperrmüll, eure Inkompetenz, eure Hybris, euren Opernhass und eure widerliche Arroganz und verduftet endlich. Keiner wird euch eine Träne nachweinen!

Montag, 28. Mai 2018

Barbiere di Siviglia an der Berliner Staatsoper - 18.5.2018 - Rossini lebt! :-)

Die von Ruth Berghaus schon im Jahr 1968 für die Staatsoper Unter den Linden konzipierte Inszenierung des “Barbiere di Siviglia” (damals noch in deutscher Sprache) erinnert stark (bisweilen auch durch die Kostüme) an die Commedia dell'arte – die ja als Basis für die bekannte Handlungskonstellation auch absolute Berechtigung hat. Insofern stört das bewusst einfach gehaltene Bühnenbild von Achim Freyer absolut nicht, denn die Inszenierung kommt ohne überflüssige Aktualisierungsmätzchen aus und belässt die Oper in ihrer Zeit. Leider ist aber von der ursprünglich sehr witzigen und fein-durchdachten Personenregie nicht mehr viel übriggeblieben. Dies kann nach 50 Jahren durchaus vorkommen, sollte aber dann nicht durch plump-derben Klamauk ersetzt werden.
Angesichts dessen, was allerdings heutige “Neuinszenierungen” aus dem Barbiere machen, ist das etwas, womit man als leidgeprüfter Opernbesucher durchaus leben kann.
Unter Daniel Cohens leichtfüßigem, aber teilweise zu gehetztem Dirigat brillierte Dmitry Korchak in der Rolle des verliebten Grafen Almaviva. Seine lockerer und zugleich metallisch-kräftiger Tenor, der sowohl mit Koloraturen als auch mit bezaubernden Piani und lebhaftem Forte aufwarten kann, ist für den Grafen schon fast zu groß. Allerdings nur fast – es ist eine Freude, einen Sänger mit ein wenig Überhang zu erleben und man stellt ihn sich sehr gern als Duca di Mantova oder Alfredo Germont vor.
Tassis Christoyannis in der Titelrolle des schlauen Barbiers erweckte seinen Part ebenfalls durch flinkes Spiel und kräftig-männlichen Gesang zum Leben, allerdings hätte man sich stellenweise mehr Eleganz in der musikalischen Gestaltung gewünscht.
Tara Erraughts wunderschöner, voll tönender Mezzo wird der schwierigen Rolle der gewitzten Rosina mehr als nur gerecht. Die Koloraturen kommen so spielerisch wie ihr natürliches, fröhliches Spiel. Wenn es gute Laune auf der Bühne gibt, dann in Gestalt der wohlgeformten Irin, die die Freude an ihrer Rolle vollends auf das Publikum überträgt. Schlimm genug, dass sie gerade als Nicht-Kleidergröße 36 üble Häme und “Kritik” seitens irgendwelcher Medienaffen einstecken musste, aber das ist in Zeiten des Regietheaters, in dem tolle Stimmen nicht mehr zählen, dafür aber der Bodymass-Index eines Sängers umso wichtiger ist, wohl leider trauriger Alltag.
Renato Girolami war ein großartiger Bartolo, dessen gewaltige Stimme bisweilen einige Problemchen mit dem Parlando hatte, aber dies wäre angesichts seiner Gesamtgestaltung der Rolle getrost zu vernachlässigen.
Jan Martinik hatte als intriganter Musiklehrer Basilio bisweilen ein wenig mit der Höhe zu kämpfen, seine berühmte Verleumdungsarie war weniger überzeugend.
(Männer)chor und Orchester erklangen in gewohnt guter Qualität.
Insgesamt gesehen eine von wenigen erhaltenen alten Inszenierungen, die wie Inseln der Kunst in einem Meer aus Regietheater-Müll herausragen. In der nach einer umfangreichen Sanierung im neuen Glanze erstrahlenden Staatsoper konnte man so einen schönen und erfüllenden Opernabend erleben und das gute Gefühl haben, dass in Berlin wenigstens mal etwas zu Ende gebracht wurde....:-)

Donnerstag, 15. Februar 2018

Idomeneo in Zürich - So kann man seine Lebenszeit auch verschwenden!

Was für eine verquirlte Ka**e! So enttäuscht wie gestern war ich, glaube ich, noch nie nach einer Opernaufführung, es war für mich das erste Mal, dass ich eine Opernaufführung in der Pause verlassen habe. Aber nun mal der Reihe nach: Mit zwei Arbeitskollegen wollte ich an der Züricher Oper einen netten Abend verbringen. Schlimmer als manch andere Sauerei an diesem Haus in den letzten Jahren wird es schon nicht werden. Dachte ich zumindest. Aber erneut wurde man eines Besseren belehrt. Bereits die Premierenkritiken waren diesmal sogar in den zahlreichen Regietheater-freundlichen Online-Portalen recht bescheiden gewesen, man ging mit gemischten Gefühlen in diesen Idomeneo.
Ein schmuddeliger Zwischenvorhang bedeckte zunächst die Szene, der sich nach der Ouvertüre hob. Prinzessin Ilia im modernen Sekretärinnen-Look trauerte in einem schmuddeligen Holz-Einheitsraum an der Särgen ihrer Familie. Hach, wie ergreifend. Klar, macht ja großen Sinn, dass der König Idomeneo erst die trojanische Königsfamilie ermorden  und dann die Särge wohl in einem Staatsakt nach Kreta überführen ließ. Dann kam Idamante hinzu, ebenfalls im schmuddeligen Business-Look. Hatte man gehofft, Hanna-Elisabeth Müllers schrill intoniertes «Padre, germani, addio…» sei in dieser Form der Anfangsnervosität geschuldet, wurde man beim Auftritt von Anna Stephany als Idamante eines Besseren belehrt. Da hatte sich wirklich ein Paar gefunden, das nicht sang, sondern für den Rest des Abends jaulte. Kaum eine Hand rührte sich nach den Arien zum Applaus.
Dann kam ein schmuddelig kostümierter Chor hinzu, die Kostümabteilung hatte offenbar den nächsten Kleider-Entsorgungscontainer geplündert. Man sah aus wie auf der Akutstation der nächsten Wald-und-Wiesen-Psychiatrie. Nur Elettra trug einen eleganten Hosenanzug. Während ihrer ersten Arie musste man mit ansehen, wie sich im Hintergrund ihre Eltern Klytämnestra und Agamemnon grausam massakrierten. Die gute Guanqun Song mühte sich dabei stimmlich halbwegs erfolgreich um etwas stimmliche Authentizität, wirkte aber in dem runtergekommenen Setting wie verloren. Und weiter ging's.
Idomeneo wurde an Land gespült, die Rezitative, die seine Rettung aus Seenot und seinen inneren Konflikt verdeutlichten,  wurden auf völlig willkürliche und unmusikalische Weise gestrichen. Seine Begegnung mit Idamante war vollkommen unmotiviert und von der inkompetenten Regisseuse Jetske Mijnssen total kaputt inszeniert worden. Dann schleppte der Chor runde Tische auf die Bühne und sang das stark gekürzte Chor- Intermezzo. Der Marsch des Intermezzos war……gestrichen.
Sodann sang Ayram Hernandez mit wunderbar strahlendem Tenor die Arie des Arbace, die erste Arie an diesem Abend, die wirklich glücklich machte. Während er sang, zog sich der Idomeneo um. Natürlich durfte man ihn oben ohne und in Unterwäsche anschauen, kein noch so billiges Regietheater-Klischee wurde in dieser Inszenierung ausgespart. Ilia zeigte daraufhin ihrem Schwiegerpapi in spe die Fotos ihrer ermordeten Familie. Immerhin konnte Frau Müller ihren lyrischen Sopran in dieser zweiten Arie ungehindert strömen lassen, es kam so etwas wie Atmosphäre auf sehr niedrigem Niveau auf.
Dann sang Joseph Kaiser mit rauem, unflexiblem und in der Höhe engem Tenor «Fuor del Mar», einfach nur grausam. Um seinen Zorn zu verdeutlichen fegte er dabei die verbliebenen Fotos von einem der Tische. Toll. Man wusste nicht, ob man lachen oder weinen sollte. Elettra erschien zu ihrer Abfahrt mit einem Koffer (aha: Wir sind beim Regietheater) und packte daraus ein Brautkleid aus. Schließlich kamen aus dem Hintergrund andere Bräute diversen Alters und standen auf den Tischen herum, beglotzt vom Chor, die Bräute begannen zu bluten, alles sah aus, als wäre man in einer Lucia di Lammermoor-Parodie gelandet. Der Abschied von Idomeneo, Idamante und Elettra fand im Sitzen um einen runden Tisch statt, die Grimassen, die die drei schneiden durften, wären zum Lachen gewesen, wäre es nicht so traurig.
Bei der Erscheinung des Seemonsters nahm Idomeneo eine Knarre und fuchtelte damit psychotisch grinsend herum, während sich der hölzerne Bühnenraum über ihm hob.
Zum ersten Mal an diesem Abend wurde die musikalische Wucht dieser Mozartoper aus dem Orchestergraben spürbar. Denn was der Dirigent Giovanni Antonini mit dem tiefgestimmten Orchester in pseudo-historischer Aufführungpraxis geboten hatte, war lauter, verwaschener Einheitsbrei in breiten Tempi. Endlich Pause. Meine Kollegen waren sichtlich ermattet. Für die eine war es der erste Opernbesuch, höchstwahrscheinlich auch der letzte. Um den Abend zu retten, beschlossenen wir, auf den Rest der Oper zu verzichten und den Abend in der benachbarten Belcanto-Bar bei einem Bierchen ausklingen zu lassen, wir plauderten und lachten gut gelaunt, fast war die versaute Oper vergessen. Als wir gingen, war auch die Oper beendet. Man beobachtete, wie sich das sichtlich ermüdete Publikum zur Trambahn schleppte.
Fazit: Wie tief kann ein Opernhaus noch sinken, bevor endlich jemand die Notbremse zieht?


Samstag, 3. Februar 2018

Largo al factotum - Platz da für diesen Barbiere an der Bayerischen Staatsoper!


Fast 30 Jahre gibt es sie nun schon: Ferruccio Soleri's grandiose Inszenierung des Klassikers „Il Barbiere di Siviglia“, und dennoch ist sie frisch und spritzig wie am ersten Tag. Woran das wohl liegt? Vielleicht daran, dass Soleri Rossini's wunderbares Werk seine Wirkung entfalten lässt und auf Zeitverlegungen, scheußliche Farben, hässliche (bzw. nicht vorhandene) Bühnenbilder, Rollstühle, Waschmaschinen und sonstige Standardrequisiten des ach so möchtegern-innovativen „aktuellen“ Regietheaters verzichtet. Das Ergebnis? Ein Dauerbrenner an der Bayerischen Staatsoper, der Jung und Alt fasziniert, zum Lachen bringt und die bekannte Geschichte mit Tempo und Witz erzählt. Bühnenbildner Carlo Tommasi hat die Drehbühne optimal genutzt und lässt ein imposantes Wohnhaus mit typisch barockem Portal von außen und innen erscheinen. Rosinas doppelt vergitterter Balkon (ja, die überflüssige Vorsicht!) fehlt genauso wenig wie eine feinsinnige Lichtregie, die den Wandel vom Morgengrauen, in dem der liebeskranke Graf Almaviva mit extra angeheuerter Kapelle sein Ecco ridente il cielo darbringt, zum strahlenden mediterranen Tag sehr gut nachvollzieht. Die Personenregie steht ganz im Zeichen der Commedia dell'arte, auf deren Stereotypen wiederum auch Rossinis Oper fußt. Den Sängern wird Raum zur Improvisation gegeben, und genau dies tut der Oper sehr gut.

Unter der musikalischen Leitung von Keri-Lynn Wilson, die das Bayerische Staatsorchester leicht und unaufdringlich sowie ohne Tempokapriolen dirigierte, konnte ein beeindruckendes Sängerensemble seine Kunst entfalten. Edgardo Rocha, der als Graf Almaviva wirklich alles daran setzte, seine geliebte Rosina zu gewinnen, sang die schwierige Partie mit lockeren Koloraturen und viel Eleganz, konnte jedoch auch mit durchdringenden Spitzentönen überzeugen. Ebenso konnte er sein komisches Talent in der herrlichen Szene Pace e gioia sia con voi wunderbar zeigen. Schade, dass „Cessa di più resistere“, jene berühmt-berüchtige Bravourarie am Schluss der Oper, nicht auch von Rocha gesungen wurde. Es wäre mit Sicherheit ein Genuss geworden.

Lilly Jørstad als ebenso spielfreudige wie stimmlich brilliante Rosina war eine wirkliche Freude. Ihr schöner Mezzosopran meisterte die Partie mühelos und in ihrer Kavatine Una voce poco fa präsentierte sie die ganze Bandbreite des romantischen, sehr verliebten, aber eben auch sehr gewitzten Mädels, dem man sofort abnimmt, dass es zur „vipera“ wird, wenn man es in die Enge treibt.

Einen schlauen und zu allen möglichen Kniffen bereiten und selbstbewussten Helfer hatte sie im Figaro von Etienne Dupuis, dem man den verschlagenen Barbiere nicht nur in seinem sehr überzeugend dargebrachten Largo al factotum, sondern auch in den Ensembles sofort glaubte. Mit gut sitzendem, voll strömenden Bariton meisterte er die anspruchsvolle Rolle und gerade das Duett mit dem Grafen All'idea di quell'metallo gelang hervorragend. Figaro ist demnach der perfekte Geschäftsmann: Er weiß um seinen Wert und hat keine Skrupel, sich dieses Talent auch gut bezahlen zu lassen.

Renato Girolami als leer ausgehender Dottore Bartolo, der so stark an die Figuren Dottore und Pantalone aus der Commedia dell'arte erinnert, war genau so, wie man sich diesen dünkelhaften Herrn vorstellt. Mit Spielfreude und Witz sowie virtuosem Parlando sang er den so gescheiten Doktor, der alles richtig machen will und letztenendes an seiner eigenen Vorsicht scheitert. Fast könnte man Mitleid mit ihm haben, aber allerdings auch nur fast, denn wenn man einmal gesehen hat, zu welch üblen Intrigen er bereit ist, um Rosina unbedingt heiraten zu können, verfliegt dieses Gefühl wieder. Musiklehrer und Hobbyintrigant Peter Rose als Don Basilio war ihm ein ebenbürtiger Kumpan, dessen berühmte Verleumdungsarie mit sonorem Bass, allerdings mit zuweilen etwas schwachen Höhen gesungen wurde.

Selene Zanetti überzeugte als unzufriedene Haushälterin Berta und der Rest des Ensembles einschließlich Männerchor in wunderschönen Uniformen des 18. Jahrhunderts trug ebenfalls zu einem wirklich gelungenen Abend bei.

Es könnte so schön, so anregend und einfach gut sein, liebe Bayerische Staatsoper. Warum eigentlich nicht immer so? Warum bei jeder eurer Neuproduktionen dieser ständige Kniefall vor dem ebenso blasierten wie inkompetenten Feuilleton und dem billig-primitiven Zeitgeist ? Ihr bekommt Steuergelder und habt einen Bildungsauftrag. Kommt dem gefälligst nach und macht mehr von solchen Produktionen wie diesem Barbiere di Siviglia! Oper, Publikum und Gesellschaft werden es euch danken!