Montag, 28. Mai 2018

Barbiere di Siviglia an der Berliner Staatsoper - 18.5.2018 - Rossini lebt! :-)

Die von Ruth Berghaus schon im Jahr 1968 für die Staatsoper Unter den Linden konzipierte Inszenierung des “Barbiere di Siviglia” (damals noch in deutscher Sprache) erinnert stark (bisweilen auch durch die Kostüme) an die Commedia dell'arte – die ja als Basis für die bekannte Handlungskonstellation auch absolute Berechtigung hat. Insofern stört das bewusst einfach gehaltene Bühnenbild von Achim Freyer absolut nicht, denn die Inszenierung kommt ohne überflüssige Aktualisierungsmätzchen aus und belässt die Oper in ihrer Zeit. Leider ist aber von der ursprünglich sehr witzigen und fein-durchdachten Personenregie nicht mehr viel übriggeblieben. Dies kann nach 50 Jahren durchaus vorkommen, sollte aber dann nicht durch plump-derben Klamauk ersetzt werden.
Angesichts dessen, was allerdings heutige “Neuinszenierungen” aus dem Barbiere machen, ist das etwas, womit man als leidgeprüfter Opernbesucher durchaus leben kann.
Unter Daniel Cohens leichtfüßigem, aber teilweise zu gehetztem Dirigat brillierte Dmitry Korchak in der Rolle des verliebten Grafen Almaviva. Seine lockerer und zugleich metallisch-kräftiger Tenor, der sowohl mit Koloraturen als auch mit bezaubernden Piani und lebhaftem Forte aufwarten kann, ist für den Grafen schon fast zu groß. Allerdings nur fast – es ist eine Freude, einen Sänger mit ein wenig Überhang zu erleben und man stellt ihn sich sehr gern als Duca di Mantova oder Alfredo Germont vor.
Tassis Christoyannis in der Titelrolle des schlauen Barbiers erweckte seinen Part ebenfalls durch flinkes Spiel und kräftig-männlichen Gesang zum Leben, allerdings hätte man sich stellenweise mehr Eleganz in der musikalischen Gestaltung gewünscht.
Tara Erraughts wunderschöner, voll tönender Mezzo wird der schwierigen Rolle der gewitzten Rosina mehr als nur gerecht. Die Koloraturen kommen so spielerisch wie ihr natürliches, fröhliches Spiel. Wenn es gute Laune auf der Bühne gibt, dann in Gestalt der wohlgeformten Irin, die die Freude an ihrer Rolle vollends auf das Publikum überträgt. Schlimm genug, dass sie gerade als Nicht-Kleidergröße 36 üble Häme und “Kritik” seitens irgendwelcher Medienaffen einstecken musste, aber das ist in Zeiten des Regietheaters, in dem tolle Stimmen nicht mehr zählen, dafür aber der Bodymass-Index eines Sängers umso wichtiger ist, wohl leider trauriger Alltag.
Renato Girolami war ein großartiger Bartolo, dessen gewaltige Stimme bisweilen einige Problemchen mit dem Parlando hatte, aber dies wäre angesichts seiner Gesamtgestaltung der Rolle getrost zu vernachlässigen.
Jan Martinik hatte als intriganter Musiklehrer Basilio bisweilen ein wenig mit der Höhe zu kämpfen, seine berühmte Verleumdungsarie war weniger überzeugend.
(Männer)chor und Orchester erklangen in gewohnt guter Qualität.
Insgesamt gesehen eine von wenigen erhaltenen alten Inszenierungen, die wie Inseln der Kunst in einem Meer aus Regietheater-Müll herausragen. In der nach einer umfangreichen Sanierung im neuen Glanze erstrahlenden Staatsoper konnte man so einen schönen und erfüllenden Opernabend erleben und das gute Gefühl haben, dass in Berlin wenigstens mal etwas zu Ende gebracht wurde....:-)

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