Die von Ruth Berghaus
schon im Jahr 1968 für die Staatsoper Unter den Linden konzipierte
Inszenierung des “Barbiere di Siviglia” (damals noch in deutscher
Sprache) erinnert stark (bisweilen auch durch die Kostüme) an die
Commedia dell'arte – die ja als Basis für die bekannte
Handlungskonstellation auch absolute Berechtigung hat. Insofern stört
das bewusst einfach gehaltene Bühnenbild von Achim Freyer absolut
nicht, denn die Inszenierung kommt ohne überflüssige
Aktualisierungsmätzchen aus und belässt die Oper in ihrer Zeit.
Leider ist aber von der ursprünglich sehr witzigen und
fein-durchdachten Personenregie nicht mehr viel übriggeblieben. Dies
kann nach 50 Jahren durchaus vorkommen, sollte aber dann nicht durch
plump-derben Klamauk ersetzt werden.
Angesichts dessen, was
allerdings heutige “Neuinszenierungen” aus dem Barbiere machen,
ist das etwas, womit man als leidgeprüfter Opernbesucher durchaus
leben kann.
Unter Daniel Cohens
leichtfüßigem, aber teilweise zu gehetztem Dirigat brillierte
Dmitry Korchak in der Rolle des verliebten Grafen Almaviva.
Seine lockerer und zugleich metallisch-kräftiger Tenor, der sowohl mit
Koloraturen als auch mit bezaubernden Piani und lebhaftem Forte
aufwarten kann, ist für den Grafen schon fast zu groß. Allerdings
nur fast – es ist eine Freude, einen Sänger mit ein wenig Überhang
zu erleben und man stellt ihn sich sehr gern als Duca di Mantova oder
Alfredo Germont vor.
Tassis
Christoyannis in der Titelrolle
des schlauen Barbiers erweckte seinen Part ebenfalls durch flinkes
Spiel und kräftig-männlichen Gesang zum Leben, allerdings hätte
man sich stellenweise mehr Eleganz in der musikalischen Gestaltung
gewünscht.
Tara Erraughts
wunderschöner, voll tönender Mezzo wird der schwierigen Rolle der
gewitzten Rosina mehr als nur gerecht. Die Koloraturen kommen so
spielerisch wie ihr natürliches, fröhliches Spiel. Wenn es gute
Laune auf der Bühne gibt, dann in Gestalt der wohlgeformten Irin,
die die Freude an ihrer Rolle vollends auf das Publikum überträgt.
Schlimm genug, dass sie gerade als Nicht-Kleidergröße 36 üble Häme
und “Kritik” seitens irgendwelcher Medienaffen einstecken musste,
aber das ist in Zeiten des Regietheaters, in dem tolle Stimmen nicht
mehr zählen, dafür aber der Bodymass-Index eines Sängers umso
wichtiger ist, wohl leider trauriger Alltag.
Renato Girolami war
ein großartiger Bartolo, dessen gewaltige Stimme bisweilen einige
Problemchen mit dem Parlando hatte, aber dies wäre angesichts seiner
Gesamtgestaltung der Rolle getrost zu vernachlässigen.
Jan Martinik hatte
als intriganter Musiklehrer Basilio bisweilen ein wenig mit der Höhe
zu kämpfen, seine berühmte Verleumdungsarie war weniger
überzeugend.
(Männer)chor und
Orchester erklangen in gewohnt guter Qualität.
Insgesamt gesehen eine
von wenigen erhaltenen alten Inszenierungen, die wie Inseln der Kunst
in einem Meer aus Regietheater-Müll herausragen. In der nach einer
umfangreichen Sanierung im neuen Glanze erstrahlenden Staatsoper
konnte man so einen schönen und erfüllenden Opernabend erleben und
das gute Gefühl haben, dass in Berlin wenigstens mal etwas zu Ende
gebracht wurde....:-)
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