Der neue "Lodengrün" an der Wiener Staatsoper - Ein Generalprobenbesuch von Saskia Ellmer
Mikko Franck | Dirigent
Andreas Homoki | Regie
Wolfgang Gussmann | Ausstattung
Franck Evin | Licht
Werner Hintze | Dramaturgie
Thomas Bruner | Bühnenbildmitarbeit
Carl-Christian Andresen |
Kostümmitarbeit
Günther Groissböck | Heinrich der
Vogler, deutscher König
Klaus Florian Vogt | Lohengrin
Camilla Nylund | Elsa von Brabant
Wolfgang Koch | Friedrich von
Telramund, brabantischer Graf
Michaela Martens | Ortrud, seine
Gemahlin
Detlef Roth | Der Heerrufer des Königs
Ich möchte vorausschicken, sehr
positiv in diese Generalprobe gegangen zu sein, da ich der festen
Meinung war, es könnte nicht schlimmer kommen, als die letzte
"Inszenierung" von Barrie Kosky war. Nun, ich fand es auch nicht schlimmer, aber anders
schlimm.
Ich fürchte, ich bin ein sehr dummer Mensch, denn ich habe
nicht verstanden, was "Lohengrin" im Trachtenverein
verloren hat. Es bestehen durchgehend alle Kostüme aus
Trachtenkleidern, Dirndln, Trachtenanzügen, Hüten mit Gamsbärten,
etc. Dazu "Gretelfrisuren", und ich frage mich wirklich,
was z.B. Elsa von Brabant anficht, eine solche zu tragen. Was wollen Andreas
Homoki und Wolfgang Gussmann damit ausdrücken? Soll das lustig sein? Macht er
sich über die "Deutschtümelei" lustig? Ich weiß es
nicht und will es auch nicht wissen. Trachten sind zeitlose Kleidungsstücke, die gerade jetzt
wieder sehr modern sind und mit einer etwaigen Gesinnung überhaupt
nichts zu tun haben. Das scheinen die Herren in ihrer Regietheater-Ignoranz verschlafen zu haben.
Verschlafen hätte ich aber beinahe sonst so einiges, da ich mich
großteils tödlich gelangweilt habe. Der finnische Dirigent Mikko Franck
verschleppt die sonst so spannungsgeladene Musik teilweise bis zur
Unkenntlichkeit. Man muss ihm zwar zugute halten, dass er erst so
kurzfristig von Bertrand de Billy übernommen hat, ich nehme
allerdings an, er hat bereits Erfahrung mit dem Werk, da es ja sonst
unverantwortlich wäre, ihn an so einem Haus übernehmen zu lassen.
Klaus Florian Vogt in der Titelrolle ist ein sehr erfreulicher
Anblick, allerdings endet die Freude hier auch schon wieder. Er ist
stimmlich heillos überfordert, ist teilweise kaum zu hören und das,
was man hört, ist von Wohlklang leider ziemlich weit entfernt. In den letzten Tagen fiel immer wieder das Wort 'Knabensopran'...Mei, wir wollen es nicht vertiefen. Abschließend zu Herrn Vogt bleibt die Feststellung, dass dieser Sänger allenfalls als Lohengrin-Paradie gemeint sein kann, was aber in Regietehater-Zeiten, in denen keiner mehr was von Stimmen versteht, leider nichts ungewöhnliches wäre.... Camilla Nylund singt und spielt ihn locker an die Wand, besticht
durch eine wunderbare Mittellage, sichere Höhen und gibt das gute
Gefühl, keinerlei Probleme zu haben. Positiv überrascht hat mich
auch Michaela Mertens als Ortrud, der man ein paar kleine Schärfen
gerne verzeiht. Unbedingt hervorzuheben ist Günther Groissböck als
Heinrich der Vogler, der in diesem Ensemble die Ehre der Herren
rettet. Mit prachtvoller, gut geführter Stimme gibt er seiner Figur
Konturen und erzeugt spannende Momente, obwohl auch er, wie alle, in
ständigem Clinch mit den seltsamen Tempi des Dirigenten lag..
Zuletzt wollte ich über die Personenführung berichten, alleine, ich
konnte keine entdecken. Hätten die Sänger untereinander vereinbart,
wie sie sich in der eigenartigen Kulisse bewegen und geben wollen,
wäre es wahrscheinlich noch besser und glaubwürdiger geworden. So
stolpern sie in Szenen herum, die von wenig Sinn und Verstand zeugen.
Es wird mit einem Spielzeugschwänchen herumgespielt, Herr Vogt darf
in einem kurzen Nachthemd seine ansehnlichen nackten Beine zeigen und
mit Elsa einmal mehr am Boden sitzend Hochzeit feiern. Wie originell....!
Fazit: die ganze Inszenierung bleibt in einem Wust an langweiligen
Banalitäten hängen. Auch musikalisch haben wir schon viel bessere
Zeiten in Wien erleben dürfen. Wir haben nun eine weitere Aufführung
im Repertoire, deren Besuch man sich getrost sparen kann. Schade,
eine weitere vertane Chance.
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