Donnerstag, 10. April 2014

 TOSCA und der Philo-Quatsch,  Bielefeld 05.04.2014
 Als Präsident des Soojin Moon-Fanclubs war ich gestern in Bielefeld, um deren Tosca zu sehen. 
Oper in Deutschland, das heißt ja wohl unweigerlich: her mit einem Regiekonzept! Das hat sich auch gestern wieder bewahrheitet. Zum Glück hatte ich mich gut vorbereitet (mit einem guten Glas), aber es kam trotzdem ziemlich Dicke.
 Tosca war reduziert zu einer minimalistischen Kammer-Oper, ausgehend von einem Philoso- Qatsch-Konzept von Regisseur Sebastian Bauer, das so hirnrissig und weit hergeholt war, dass ich den zugrundeliegenden Gedanken, soweit den überhaupt jemand gedacht hatte, hier lieber nicht erörtern möchte. Ich glaube, meine deutschen Freunde benutzen dafür das wunderschöne Wort ,voll-idiotisch'.

Einige praktische Konsequenzen des Konzepts waren u.a. (so eine Art) Vissi d’Arte, das schon vor Anfang der Oper zum Besten gegeben wurde (eine Möglichkeit, die Puccini seinerzeit völlig entgangen sein muss), ein Cavaradossi, der begeistert Fernsehgeräte anstreicht, ein Trödler in Fernsehern, der ohne jeden erkenntlichen Grund das Angelus zu beten beginnt, die Aria Vissi d’Arte (gleich die 2. des Abends), die aufgehübscht wird durch eine ,kleine Tosca', die die Mordwaffe bringt, und ein 'E Lucevan Le Stelle', das vom Knarren eines drehenden Podiums begleitet wird. Hinzu kamen noch ein paar alte Bekannte aus dem Fundus der Modernen Regie, etwa die unvermeidlichen Maschinengewehre und ein Saal, der voll in die Scheinwerfer gerückt wird, ein Kunstgriff, der auch schon zum 3027. Mal an uns durchexerziert wird.

Aber zum Glück kamen wir in musikalischer Hinsicht voll und ganz auf unsere Kosten. Obwohl leicht indisponiert, brillierte Soojin Moon in der Titelrolle wieder wie eh und je. Was für eine Persönlichkeit! Auf die Frage ,Was wollt Ihr denn' gibt es für uns somit nur eine Antwort. Auch der Rest der Besetzung, u.a. unser ,eigener' Frank Dolphin Wong aus Holland, der einen sehr guten Scarpia gab, war wirklich in Ordnung. Alles in allem doch noch ein gelungener Abend, besonders als wir dann auch noch die überraschende Entdeckung machten, dass man in Bielefeld auch wirklich sehr gut soupieren kann.
 von Olivier Keegel

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